Brennpunkt Engerser Feld
NABU-Exkursion zu den Schwarzmilanen führte durch das Vogelschutzgebiet
Der Naturschutzbund (NABU) lud zur Exkursion zum Urmitzer Werth, wo sich derzeit Hunderte von Schwarzmilanen vor ihrem Zug gen
Süden sammeln. „Tagsüber suchen sie in der Umgebung nach Nahrung, abends finden sie sich zur Nachtruhe auf den von Menschen ungestörten Bäumen der Rheininsel an der Seite von Reihern und
Kormoranen ein,“ weiß Exkursionsleiter Günter Hahn zu berichten. Wie auf Kommando aber erheben sie sich vor Einbruch der Nacht noch einmal gemeinsam in die Lüfte und drehen einige Runden über dem
Rhein.
Auf dem Weg zur Rheininsel durchquerten, trotz drohender Gewitter ringsum, mehr als 30 Naturfreunde auch das Vogelschutzgebiet Engerser Feld, das aufgrund der vielfältigen Nutzungswünsche auf der
einen, der hohen internationalen Bedeutung für den Vogelschutz auf der anderen Seite immer wieder für Zündstoff sorgt.
Spaziergänger mit und ohne Hunde, Badegäste, Radfahrer, Angler, Modellflieger, Kiesabbau und nicht zuletzt die Vögel nutzen die weitläufigen Flächen. Letztere schätzen sie als Nahrungs-, Rast
oder Brutgebiet. Die Kombination mit den offenen Wasserflächen des Rheins und der Baggerseen zieht dabei die unterschiedlichsten Arten an. Im Winter finden sich viele seltene Enten, Gänse,
Taucher und Greifvögel ein, aber auch arktische Gäste wie Ohrenlerche und Schneeammer. Der weltweit bedrohte Wachtelkönig macht in den Wiesen des Engerser Feldes regelmäßig Rast. Als bedeutende
Brutvögel können Haubentaucher, Uferschwalbe, Eisvogel, Pirol, Schwarzkehlchen und Schafstelze beobachtet werden. 16 Nachtigallen waren im Frühjahr am Rheinufer zu hören und über 100 Graureiher
und Kormorane nisten auf der Rheininsel zusammen mit 6 Paaren des Schwarzmilanes.
Eines brauchen sie aber alle: Ruhe. Und die ist immer schwerer zu finden in der heutigen Zivilisationslandschaft. So befanden sich während der Exkursion Badende am kleinen Kiessee am Jachthafen
und reichlich Müll umgab die Badestellen. Motorroller fuhren mitten durch das Trinkwasserschutzgebiet und wurden von Exkursionsteilnehmern angehalten und belehrt. Ein kleiner Terrier rannte weit
ab von Herrchen mitten ins Feld in einen großen Vogelschwarm mit selten gewordenen Kiebitzen, die sich kreischend in die Luft begaben und weite Kreise zogen, um einen ruhigen Platz zu finden. Ob
sie ein gefunden haben, konnten die Exkursionsteilnahmer nicht mehr feststellen.
Umso wichtiger erscheint es dem NABU und den interessierten Naturfreunden, dass die Stadt Neuwied das Nutzungskonzept für das Engerser Feld umsetzt. „Die Besucher sollen dabei nicht ferngehalten,
sondern nur gelenkt werden“ so Günter Hahn.. So erscheint dem NABU eine extensive Beweidung der empfindlichen Flächen mit den urtümlichen Heckrindern, wie es die Stadt Neuwied beabsichtigt, als
besonders geeignet. Dabei wird eine Anzahl von 10 Tieren auf einer Fläche von über 70 Fussballfeldern nicht überschritten, um genügend Spielraum für die freie Vegetationsentwicklung und die
Ansiedlung von Brutvögeln zu ermöglichen. Die Beweidung hat den positiven Nebeneffekt, dass das Gebiet beruhigt (Großtiere locken seltene Vögel sogar an und vertreiben sie nicht) und touristisch
attraktiver wird.
In anderen Gebieten (z.B. an der Mittelweser, am Solling, am Bodensee, bei Soest) sind äußerst positive Erfahrungen mit Beweidungsprojekten gemacht worden: Weideflächen wurden in das
Wanderwegesystem eingebunden, ein „Ochsenfest“ mit dem Stier auf dem Grill lockt die gesamte Gemeinde auf den Dorfplatz. Heute wollen die Geminden noch mehr Weideflächen für den
Naturschutz...
Die Exkursionsteilnehmer waren sich einig, einmal mehr den Apell an die Stadtväter und den Landrat zu richten, das Vogelschutzgebiet im Engerser Feld von europaweiter Bedeutung zu retten und
gleichzeitig damit die Region attraktiver zu gestalten.